Hallo ihr Lieben,
Ich habe lange nichts mehr auf der Seite gepostet, aber keine Sorgen, es geht mir gut! Ihr habt wahrscheinlich alle die Nachrichten über das Schweizer Ehepaar gehört. Ich weiss nicht was ich sagen soll, dass sich nicht blöd anhört, ausser dass ich auf mich aufpasse und bisher in keiner Gefahr war.
In den letzten Wochen war ich viel unterwegs und hatte selten Internet, weswegen ich keine Zeit hatte,hier etwas zu posten. Ich gebe mal einen kurzen Rückblick über meine Reiseroute seit aurangabad (den Text hatte ich schon vor Ewigkeit angefangen, kann aber wie gesagt nicht dazu ihn hier zu Posten):
Meine erste Station war Bombay. In Bombay war ich Couch surfen und hatte einen sehr guten Gastgeber. Er kommt aus der Oberschicht (würde ich jetzt einfach mal behaupten) und ist sehr westlich geprägt. Durch ihn und seine Freunde konnte ich viel über das Leben der modernen Jugend einer Großstadt Indiens erfahren. Obwohl er schon 27 ist, wohnt er noch immer bei seinen Eltern. Ausziehen darf man erst nach der Heirat. Oft wird die Heirat zwischen zwei Familien arrangiert, doch immer mehr junge Leute streben sich dagegen und gegen viele andere alte Traditionen und Sitten. Vor allem die reiche Jugend richtet sich nach der westlichen Kultur und Lebensweise. Die Menschen bauen unglaublich viele englische Wörter in ihre Sprache ein, sodass ein buntes Kauderwelsch entsteht, von dem ich manchmal ziemlich viel verstehen kann. Am ersten Abend in Bombay war ich mit meinem Gastgeber und anderen Touristen, die ich zuvor in aurangabad kennen gelernt hatte, in einem pub was trinken. Der Abend war sehr lustig, doch leider hab ich mir im pub eine Erkältung zugezogen, da die Klimaanlage auf höchster Stufe aufgedreht war. Am nächsten Tag war ich mit meinem Gastgeber in einem Club, weil ich die Party Kultur in Indien mal sehen wollte. Die jungen Leute ziehen dann sehr westliche Kleidung an, vor allem die kurzen Kleider der Frauen überraschen einen, ist es doch normalerweise tabu, ein bisschen Bein in der Öffentlichkeit zu zeigen. Die Getränke und die Preise gleichen denen in westlichen Clubs. Die Musik besteht aus amerikanischen und europäischen Radio Hits vor zwei Jahren.
Die nächsten zwei Tage habe ich genutzt, um Bombay zu erkunden. Ausserdem habe ich den grössten Slum Indiens, Dharavi, besucht. Da alle Leute meinten, dass es zu gefährlich sei, den Slum alleine zu betreten, habe ich eine teure Tour gebucht. Als ich dann mit meinem Guide, der kaum englisch sprach, durch die engen Strassen gelaufen bin, dachte ich mir, dass ich das Gebiet auch alleine hätte besuchen können. Die Menschen waren alle sehr nett und freundlich zu mir und haben immer nach Fotos von sich gefragt. Aber durch die Führung konnte ich verschiedene Gebiete des Slums sehen, in dem über eine Million Menschen leben. Ganze Industriegebiete sind dort angesiedelt: es gibt viele kleine Schneiderbetriebe, Töpfereien, und eine riesige Recycling Industrie, in der alles von Plastik bis Metall getrennt und verarbeitet wird. Nachdem die Tour beendet war, bin ich alleine in das grösste Wäschereigebiet von Bombay gefahren. Dort habe ich mir vor Ort einen Führer selbst gesucht, der viel besser als mein erster Guide war.
Von Bombay ging es am 5.3. wieder nach goa. Nachdem ich vier wunderschöne Tage mit Alex, meiner alten Mitbewohnerin aus Freiburg, in goa verbracht hatte, bin ich am 10.3. Von goa nach Kerala geflogen. Als ich alle meine Tickets von Zuhause aus gebucht hatte, hatte ich nicht so viel Lust auf eine 14 Stunden lange zugfahrt, aber im nachhinein hätte ich lieber den Zug genommen. Zum einen ist der Zug viel billiger, zum anderen benötigt man ebenso viel Zeit für die Anfahrt und den Aufenthalt am Flughafen, die man nie in die Berechnung des Fluges mit einbezieht. Ausserdem finde ich das Zug fahren hier gar nicht so schlecht. Es ist relativ bequem und man kann leicht Menschen kennen lernen, wenn man möchte.
In kerala bin ich zuerst in kochi, einer alten Stadt mit schönen Flair gelandet. Dort bin ich aber nur eine Nacht geblieben, da ich mich mit der Kanadierin Jennifer, die ich zuvor in hampi kennen gelernt hatte, verabredet hatte. Wir hatten verabredet, gemeinsam eine Tour durch die backwaters, einem riesigen Wassergebiet bestehend aus einer Vielzahl von Kanälen, zu machen. Ich bin also am nächsten Tag von kochi nach alleppey, dem Ort an dem Jennifer auf mich wartete, gefahren und wir haben am gleichen Tag ein Hausboot, auf dem man die backwaters befahren und in dem man auch eine Nacht übernachten konnte, gemietet. Die Tour war wunderschön: die Kanäle, durch die wir fuhren, waren sehr ruhig und umsäumt von Palmen und anderen pflanzen. Ausserdem gab es auf dem Boot zwei Männer, die das Boot führen und für uns köstliche Mahlzeiten zubereiteten.
Am nächsten Tag kamen wir von den backwaters wieder und fuhren danach weiter nach Süden nach varkala, einem schönen Ort am Strand. Dort habe ich zufällig auch meine Kommilitonin Katharina, die ich zuerst in hyderabad getroffen hatte, wieder gesehen. Obwohl es in varkala sehr schön war, war ich der Strände, von denen ich in goa genug hatte, müde und bin nach zwei Tagen wieder zurück nach kochi gefahren. Obwohl ich beim ersten mal nur einen Abend in der Stadt verbracht hatte, gefiel mir der Ort sehr und ich wollte ihn nochmal sehen. Als ich das zweite mal dort war, habe ich wieder Couch surfing gemacht und hatte wieder einen sehr netten Gastgeber. Wir hatten sehr viele interessante Unterhaltungen und Diskussionen, wodurch ich wieder mehr Einblicke in die indische Kultur bekommen konnte. Ausserdem wurde zu dem Zeitpunkt die Biennale, ein Kunst Festival, in kochi veranstaltet. Es war super interessant, die indische (und natürlich auch internationale) zeitgenössische Kunst zu sehen und mal wieder elektronische Musik zu hören. Man denkt nicht, wie viel in Indien in diesem Bereich zurzeit los ist. Am letzten Tag vor meiner Weiterreise traf ich mich wieder mit Katharina, die immer am gleichen Ort wie ich war, nur ein paar Tage später.
Am 18.3. ging meine Reise weiter nach munnar, einem kleinen Ort in den West Ghats, einem Gebirge in Südindien. Da der Ort höher liegt, ist das Klima dort ganz anders als an der Küste. Es ist kühler und frischer als im Rest Südindiens. Für mich war der Aufenthalt eine wunderbare Abwechslung zu der sonstigen Hitze, die meinem Körper viel Energie abverlangt hatte. Die Landschaft war wunderschön: die Berge und Hügel waren so saftig grün wie schon lange nicht mehr auf meiner Reise. Das Gebiet ist bekannt für die grossen Tee Plantagen, die neben dem Tourismus das Haupteinkommen der Bevölkerung ausmachen. Durch Zufall bin ich in einem einem sehr schönen Hotel gelandet, das von einem sehr netten Manager geführt wurde. Der Manager bot nebenbei für die Gäste Meditation und Yoga Kurse an, an denen ich jeden Tag teilnahm und dafür dem Manager manchmal half. Munnar und das Hotel haben mir so sehr gefallen, dass ich viel länger als geplant geblieben bin. Dort habe ich auch meinen Geburtstag gefeiert. Jedoch habe ich niemanden in meinem Hotel davon erzählt und bin stattdessen alleine in die berge gefahren und hatte einen wunderschönen Tag in der Natur.
Am 24.3 nahm ich dann einen Nachtbus nach chennai, weil ich von chennai heute, am 26. weiter nach jaipur in Rajasthan fliege. Dort werde ich wieder Couch surfen, diesmal bei einer Frau aus Frankreich, die schon zwei Jahre dort lebt. Morgen ist dann holi, das Frühlingsfest, das ganz wild und mit vielen bunten Farben gefeiert wird. Ich bin schon sehr gespannt, wie das sein wird.
Liebe grüße
Olga