Montag, 23. November 2009

Leben in Moskau

Ahoj meine Freunde,

Ich will euch mal erzählen, wie ich meine Zeit hier gestalte.

Morgens bin ich ja immer fleißig am arbeiten, obwohl ich von der Arbeit immer noch nicht übermäßig begeistert bin. Ich habe keinen Betreuer oder Mentor, der sich für mich sinnvolle, die Arbeit der Kammer repräsentierende Aufgaben überlegt. Ich sitze im Sekretariat und kriege von allen Aufgaben, die aber nicht sehr anspruchsvoll sind. Auch ein Gespräch mit einem der Geschäftsführer hat mir nicht viel geholfen. Kurz gesagt, wenn ich etwas anderes machen will oder eine andere Abteilung kennenlernen will, muss ich auf die dafür zuständigen Leute selbst zugehen. Ich habe aber schon zwei Kollegen angesprochen, ob ich ihnen helfen kann, wenn einer der anderen Praktikanten nächste Woche weg ist.

Ein Vorteil meiner Arbeit ist, dass ich mindestens einmal die Woche auf eine interessante Veranstaltung gehen kann. Einmal gab es einen Vortrag in der Deutschen Botschaft von einem Analysten der Weltbank, der die ökonomische Situation Russlands während der Finanzkrise und die weitere mögliche Entwicklung beschrieb. Letzte Woche war ich bei einem Vortrag von Siemens und Mercedens-Benz über ihre Antikorruptions- und Compliance-Maßnahmen. Der Vortrag war sehr interessant, da der Siemens-Russland-Geschäftsführer sehr detailliert über den Korruptionsskandal von 2006 und die Maßnahmen von Siemens gegen die Korruption berichtete. Diesen Mittwoch gibt es dann ein weiteres Event: Es wirde ein Preis von der Kammer an das beste mittelständische Unternehmen in Deutschland und in Russland vergeben. Ich darf dabei das Blumenmädchen spielen und danach vom Buffee Snack und Wein haben :-)

Zwar erfüllt mich meine Arbeit nicht mit unendlicher Freude, dafür sind meine Abende fast immer ausgefüllt. Ich komme meist auch in der Woche erst um 11 oder 12 nach Hause. Denn nach der Arbeit treffe ich mich entweder mit alten Freunden oder mit neuen, die ich nun hier kennengelernt habe. So war ich vorletztes Wochenende auf zwei Konzerten, auf einem kubanischen und auf einem russischen. Leider habe ich die Tickets davon verloren und kann euch nun gar nicht sagen, wie die Gruppen hießen, die kubanische hieß aber Che Guevarra oder so. An einem der Abende war ich dann auch erst um 7 Uhr des nächsten Tages wieder zu Hause. Hier ist es meist so, dass man sich entscheiden muss, ob man um 1 Uhr nachts die letzte Metro nimmt oder bis um 6 Uhr durchmacht oder bei jemandem übernachtet, der näher zum Zentrum wohnt.

Weiterhin war ich in einem sehr interessanten Museum über europäische Impressionisten, die von zwei Russen gesammelt wurden, und ich war im Theater, das ich aber eher langweilig fand. Ich konnte mir nach der ersten Hälfte des Stücks schon das Ende denken und wartete dann nur noch auf den Applaus. Im Kino war ich hier auch schon sehr oft. Zurzeit gibt es hier viele Festivals verschiedener Länder. Letzten Dienstag habe ich einen japanischen Film über das Leben in Tokio nach dem 2. Weltkrieg gesehen. Ich fand den Film so schön, dass ich weinen musste. Am Sonntag habe ich dann einen brasilianischen Film gesehen. Dieser war aber leider nicht so gut, da zum einen der Plot des Film mehrmals sehr merkwürdige Wendungen hatte, zum anderen waren die Untertitel total chaotisch, entweder viel zu langsam oder viel zu schnell. Selbst meine Freundin, eine Russin, konnte dem Ganzen nicht vollkommen folgen.

Ich war auch auf mehreren Filmabenden von einem sehr aktiven Couchsurfing Mitglied. Ich bin immer wieder erstaunt, wie in einem Wohnzimmer und einer Küche an die 40 bis 60 Personen Platz finden und wie die Nachbarn ruhig gestellt werden. Die Wohnungen, da fast nur Plattenbauten, haben nunmal nicht die dicksten schalldämmenden Mauern. Aber villeicht gibt es hier Verständigungen, über die ich nicht informiert worden bin :-) Am Sonntag war ich nach dem Kino auf einer Sunday Session eines Australiers. Wie er erzählte, ist es bei denen Tradition, sich am Sonntag ab 5 in einem Pub oder bei einem Freund zu treffen und zusammen bis spät in die Nacht zu trinken, um dann mit einem Kater am Montag zur Arbeit zu gehen. Interessante Tradition. Ich war bis elf dort, als ich gegangen bin, war der Höhepunkt bestimmt noch nicht erreicht :-)

Noch eine kleine Anekdote am Ende: Anscheinend hatte das Unternehmen Xerox den russischen Kopiermarkt stark durchdrungen. So nennen alle hier eine Kopie und den Kopierautomaten umgangssprachlich Xerox. Das nenne ich mal eine Marktpräsenz!

Ach, und ich bin nun ein stolzer Besitzer von den tollen Finger- und Fäustlinghandschuhen! Ich habe sie mir an ein langes Gummi genäht und habe sie immer in meiner Jacke, kann sie also nie verlieren! :-)


Viele Grüße aus dem viel zu nassen Moskau!

Olga

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