Dienstag, 11. Mai 2010

Privet vsem!

Meine erste Woche in Almaty ist wie im Flug vergangen. Als ich am Sonntag, den 2. Mai, ankam, gab es ein verlängertes Wochenende und Montag war frei. Denn wenn hier ein Feiertag aufs Wochenende fällt, dann haben die Menschen am nächsten Arbeitstag auch frei. Ich konnte also am Montag erst mal ruhig meine Gegend und dann einen Teil der Innenstadt besichtigen. Erste Beobachtungen: Die Stadt ist sehr grün! Überall rahmen Bäume die Straßen und Parks gibt es ohne Ende. In der Stadt kann man sich relativ leicht zu Recht finden, da sie nach dem Schachbrettmuster aufgebaut sind. Leider hat sie keine richtige Altstadt, da nur wenige Gebäude älter als hundert Jahre alt sind. Die Menschen sind sehr nett und höflich. Sie versuchen einem zu helfen und sind sehr interessiert. Die Frauen sind sehr hübsch und sehr bunt und westlich gekleidet. Es scheint hier sogar genau die gleiche Mode, Leggins oder enge Hosen und längere Tops oder kurze Kleider, wie bei uns angesagt zu sein.

Die Arbeitsstelle gefällt mir auch. Es ist ein kleines Büro mit einem Team von ca. acht Mitarbeitern. Da es für alle zu wenig Platz gibt, wird noch ein Büroraum umgebaut und von der Organisation angemietet. Vieles verändert sich kurzfristig, so ist leider ein Teil meiner Aufgaben weggefallen. Außerdem gibt es wahrscheinlich Probleme mit dem Visa. Kurz bevor ich mein Visum bekommen habe, wurden die Visumsvorschriften geändert. Nun kann man sich mit einem Businessvisum maximal 120 Tage im Jahr im Land aufhalten, auch wenn man ein Jahresvisum hat. Für mich heißt es dann, dass ich vielleicht schon Ende August aus dem Land raus muss, obwohl mein Visum bis Mitte Oktober gültig ist. Was diese Reglementierung bewirken soll, versteh ich nicht, aber vielleicht kann meine Organisation extra Vereinbarungen mit den Behörden treffen. Mal schauen, was sich ergibt.

Von Donnerstag auf Freitag habe ich mit den anderen Praktikanten bereits einen Ausflug in das Projektgebiet gemacht. Wir haben Proben von Pflanzen und Käfern gesammelt und verschiedene Flächen untersucht. Außerdem haben wir in der Steppe gezeltet. Unser Fahrer hat Schaschlik gemacht und wir haben, wie es sich gehört, Wodka getrunken. Unzählige Toste hat unser Fahrer gemacht, von der internationalen Freundschaft über die Natur bis zu unserem Chef war alles dabei. Am Samstag war ich dann das erste Mal in den Bergen wandern. Ich habe hier Wanderlustige kennengelernt und vielleicht bin ich ja bis zu meiner Rückkehr nach Deutschland zu einer richtigen Alpinisten geworden ;-) Am Sonntag war ich dann zuerst bei einem Origami-Kurs und danach im Zentrum bei einem Konzert für den 9. Mai. An dem Tag feiern die ehemaligen Sowjetstaaten den Sieg über Deutschland im Zweiten Weltkrieg. Montag war ich dann wieder wandern, diesmal im Charyn Canyon, der dem Grand Canyon in den USA ähnlich ist.

In der ersten Woche habe ich mit drei weiteren Praktikanten aus Deutschland in einer Dreizimmerwohnung gewohnt. Da mir die Wohnverhältnisse in Moskau bereits bekannt waren, war ich über den Zustand der Wohnung, im Gegensatz zu den anderen drei Deutschen, nicht sehr schockiert. Würde ich in der Wohnung länger bleiben, hätte ich mir die Mühe gemacht, sie einmal ordentlich sauber zu machen. Doch da ich diese Woche sowieso umziehen muss, mach ich nichts. Meine Mitbewohner sind am Montag wieder nach Kirgisistan zurückgefahren, wo sich die Lage hoffentlich langfristig beruhigt hat. Bei der Wohnungssuche muss ich auf jeden Fall auf den westlichen Standard verzichten. Es gibt natürlich solche Wohnungen, die auf entweder ganz neu gebaut oder saniert worden sind, doch sind sie einfach zu teuer. Die Preise beginnen hier bei ca. 300$ warm, und das sind sprichwörtlich Rumpelkammern. Mir wurde gesagt, dass ich schon ca. 500$ bezahlen muss, aber ich hoffe, dass ich etwas Vernünftiges für 400$ finden kann. Außerdem werden kaum Wohnungen privat angeboten, sondern nur von Immobilienmaklern, die für jede Wohnungsbesichtigung 5$ und bei einem Mietvertrag 100$ verlangen!

So viel von meiner ersten Woche hier.

Viele Grüße an euch alle
Olga

Dienstag, 4. Mai 2010

Auf nach Almaty, Kasachstan!

Hallo!

ich bin nun endlich auf dem Weg nach Almaty. Da ich so lange nichts Richtiges zu tun hatte, kam mir die Zeit bis zur Abreise wie eine Unendlichkeit vor. Leider ist mir aufgefallen, dass je mehr ich fliege, desto weniger mag ich es. Die ganzen Kontrollen am Flughafen (Heute musste mein Notebook sogar einen Extratest in Form eines elektronischen Schnüffeltests bestehen!), das lange Warten am Flughafen, die trockene Luft im Flugzeug und der Druck auf meinen Ohren gefallen mir immer weniger. (Ja ich weiss, das ist Beschweren auf hohem Niveau;-)) Gerade sitze ich wieder auf einem Flughafen, diesmal in Istanbul, und nutze die Zeit, um euch etwas über Almaty zu erzählen. Natürlich sind diese Angaben wie immer ohne Gewähr von mir aus dem Kopf zusammengefasst. Sollten Fehler oder falsche Angaben gefunden werden, so könnt ihr mich gerne darauf aufmerksam machen.

Wie vielleicht einige von euch wissen werden, hieß Almaty früher Alma-Ata und war die Hauptstadt der Kasachischen SSR während der Sowjetzeit und bis 1997 die Hauptstadt des neuen unabhängigen Kasachstan. Der Name Alma-Ata heißt auf kasachisch so etwas wie Großvaters Apfel und hängt damit zusammen, dass in der Region viele Apfelbäume wachsen. Anscheinend wurde kürzlich durch genetische Tests sogar bewiesen, dass der Apfelbaum aus diesem Gebiet stammt. Leider mussten viele Apfelhaine der Stadt großen Bauvorhaben weichen.

Die Stadt liegt in einem Tal zwischen mehreren Gebirgsketten, ähnlich Mexiko-Stadt. Aufgrund der natürlichen Grenzen kann sie sich nicht viel weiter ausbreiten. Die Stadt liegt in der Erdbebenzone und wurde mehrmals von schweren Erdbeben, das letzte Mal in den 1970er Jahren, erschüttert. Außerdem bildet sich in der Stadt schnell Smog. Geographisch liegt Almaty in der Peripherie Kasachstans und grenzt fast an China und Kirgisistan an. Dies waren wichtige Gründe für die Verlegung der Hauptstadt in den nördlichen Teil des Landes. Die neue Hauptstadt heißt Astana (auf kasachisch heißt das einfach ‚Hauptstadt‘) und war früher unter den Namen Zelinograd und Akmola bekannt. Auch wenn Almaty nun nicht mehr die Hauptstadt ist, ist es dennoch ein wichtiges kulturelles und vor allem wirtschaftliches Zentrum des Landes. Nach Taschkent, der Hauptstadt Usbekistans ist die Millionenstadt Almaty die zweitgrößte Metropole Zentralasiens. Deshalb ist es auch nicht sehr einfach, mit kleinem Geldbeutel in der Stadt zu leben. Viele Kasachen können es sich nicht leisten, in Zentrumsnähe zu leben und müssen täglich weite Strecken pendeln. Es gibt sogar Menschen, die wöchentlich aus dem Norden Kasachstans nach Almaty zur Arbeit fliegen und am Wochenende zurück.

Es gibt en großes Freizeitangebot in und um Almaty herum. Zum einen sind da natürlich die Berge, die zu vielen Wander- und Bergsteigtouren einladen. Nicht weit von Almaty entfernt fangen die Ausläufer des Pamirgebirges und des Tien-Shan Gebirges an, deren Spitzen 5000 Meter erreichen. Unweit der Stadt gibt es sogar eine Schlittschuhbahn in den Bergen, die das ganze Jahr in Betrieb ist. Außerdem gibt es einen großen See in Almaty und einen noch größeren See, den in Kirgisistan liegenden Issykul, ein paar Stunden entfernt. Der Issykul ist einer der größten und höchsten Bergseen der Welt und ein beliebtes Ausflugsziel der Bürger Almatys. Nach Norden und Westen hin erstecken sich bereits die weiten Steppen und Halbwüsten Kasachstans. In Almaty gibt es viele verschiedene ausländische Gemeinden, die die kulturelle Vielfalt der Stadt prägen.

Gegründet wurde Almaty erst Mitte des 19. Jahrhunderts an der damals süd-östlichen Grenze des Zarenreiches und diente als Handels- und Sicherungsposten. Die Kasachen waren damals noch ein Nomadenvolk, das mit seinen großen Herden von Schafen, Rindern und Pferden auf den weiten Steppen Kasachstans lebte. Erst nach der Machtergreifung der Bolschewiken und der Kollektivierung der Bauern wurden die Kasachen sesshaft gemacht. Dies ging einher mit großen Hungersnöten in den 1930er Jahren in der kasachischen Bevölkerung, die große Probleme bei der Umstellung von der Viehzucht auf die Landwirtschaft hatten. Damals begann auch die Russifizierung aller unter der sowjetischen Herrschaft lebenden Völker, so auch der Kasachen, mit der die kulturellen und vor allem die sprachlichen Besonderheiten ausgewischt werden sollten.

Während des Zweiten Weltkrieges wurden viele Nationen nach Kasachstan verbannt, wodurch die bereits dezimierten Kasachen noch mehr an Bevölkerungsstärke verloren. In den folgenden Jahrzehnten bildeten die Kasachen in ihrer Republik sogar eine Minderheit. Kasachstan wurde das Land der Hundert Völker genannt, und wahrlich, es gab viele verschiede Ethnien, unter anderem Griechen, Koreaner und auch Deutsche. Viele Gruppen sind nach dem Zweiten Weltkrieg, als ihnen die Rückkehr endlich erlaubt wurde, in ihre Heimatorte zurückgekehrt. Dennoch konnte sich der Anteil der Kasachen an der Gesamtbevölkerung erst zum Ende der Sowjetunion steigern.

Nachdem Kasachstan seine Unabhängigkeit erhalten hatte, wurde eine strenge Kasachisierung der Bevölkerung durch die Regierung angestrebt, mit der die unter den Russen unterdrückten Kasachen ihren Stolz und ihre Geschichte zurückerhalten sollten. Also mussten viele Menschen, Kasachen wie nicht Kasachen, eine neue Sprache lernen und die nicht-kasachischen Nationalitäten wurden vielen Diskriminierungen ausgesetzt. Daraufhin verließen viele Bevölkerungsgruppen das Land, unter ihnen sehr viele Russen und auch ca. 800 000 der zum Ende der Sowjetunion 1 Millionen Menschen zählenden deutschen Bevölkerungsgruppe.

Das war die Informationsrunde. In den naechsten Wochen werde ich euch bestimmt mehr vom Leben hier erzaehlen koennen.

Liebe Gruesse
Olga